Bestandsimmobilien mit schlechter Energiebilanz könnten es zukünftig schwerer haben auf Immobilienmärkten, hieß es einst. Möglicherweise sind Bestandsimmobilien aber bereits in dieser Zukunft angekommen? Die Ergebnisse des Marktmonitors 2011 könnten ebenso dafür sprechen wie der von Interhyp und ImmobilienScout24 veröffentlichte Immobilienbarometer.
Ein Indiz für wachsende Bedeutung der Energieeffizienz
Der Immobilienkunde sei insgesamt anspruchsvoller geworden, sagte Immobilienexperte Günter W. Reichelt vom Unternehmen Thamm & Partner vergangenen Monat im Interview mit dem Magazin Cash-online. Er bezog das sowohl auf die „Qualität der Bauausführung“ als auch auf „Komfort- und Sicherheitsfragen“ bei Immobilien. Die Ergebnisse des Immobilienbarometers von Interhyp und ImmobilienScout24 scheinen das zumindest für die Energieeffizienz von Immobilien zu untermauern. Nur einer von zehn der befragten 1.896 Immobilienkäufer bezeichnete den energetischen Zustand der Immobilie als „weniger wichtig“ und nur drei Prozent legten gar keinen Wert auf diese Eigenschaft einer Immobilie. Bei vielen anderen Interessenten an Immobilien spielt die Energieeffizienz dagegen eine weitaus größere Rolle:
- So sagten 26 Prozent der Befragten aus, dass ihnen Bausubstanz und Heizungsanlage bei der Entscheidung für oder gegen eine Immobilie ebenso wichtig seien wie Lage, Ausstattung und Immobilienpreis.
- 61 Prozent lassen die energetischen Eigenschaften zumindest in ihren Entscheidungsprozess einfließen. Sie prüfen, ob diese Eigenschaften und der Immobilienpreis in einem aus ihrer Sicht vernünftigen Verhältnis zueinander stehen.
Bestandsimmobilien mit energetischem Sanierungsstau haben da laut der Zahlen zunehmend Schwierigkeiten, sich auf dem für sie relevanten Immobilienmarkt zu behaupten. Wie jede Studie kann auch das Immobilienbarometer nicht den Anspruch erheben, Realitäten in ihrer ganzen Vielfalt abzubilden. Aber sie ist zumindest ein beachtenswertes Indiz dafür, dass der Faktor „Energieeffizienz“ zu einem Standard geworden ist, der heute von vielen Immobilien-Interessenten erwartet wird.
Der Einfluss hoher Energieeffizienz auf die Vermarktung
Zahlen des Marktmonitors 2011 untermauern diese These. Herausgeber ist Professor Dr. Stephan Kippes von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen mit Unterstützung der Immowelt Aktiengesellschaft. Befragt wurden Maklerunternehmen in Deutschland, wobei insgesamt Antworten von 397 Teilnehmern in die Studie einflossen. Einige Tendenzen, die sich aus der Studie im Vergleich zum Marktmonitor 2010 herauslesen lassen, sind an dieser Stelle besonders interessant.
- Die Zustimmung zur Aussage, dass die Vermarktungsdauer einer Bestandsimmobilie mit hohem energetischen Sanierungsstand in der Regel kürzer ist, blieb in Bezug auf Kaufimmobilien mit 31 Prozent gleich und stieg bei Mietimmobilien von 27 auf dreißig Prozent leicht an.
- Gesunken ist allerdings die Zustimmung der Befragten zur Ansicht, dass der Vermarktungs-Aufwand meistens geringer ist. Bei den Kaufimmobilien sank die Quote von 25 auf 21 Prozent, bei Mietimmobilien von zwanzig auf fünfzehn Prozent.
- Noch deutlicher sank die Quote der Maklerunternehmen mit der Ansicht, dass der realisierbare Verkaufspreis bei bestehenden Immobilien mit einem hohen energetischen Sanierungsstand oftmals besser als bei anderen Bestandsimmobilien ist. Er sank von sechzig auf 44 Prozent bei Kaufimmobilien und von 49 auf 31 Prozent bei den Mietimmobilien.
Energieeffizienz wird erwarteter Standard?!
Andere Zahlen des Monitors machen deutlich, dass der erzielbare Verkaufspreis bei bestehenden Immobilien am anderen Ende der Energieeffizienzskala aus Sicht vieler Makler niedriger als bei anderen Bestandsimmobilien ist. Gemeint sind hier Immobilien, die den „Anschein eines energetischen Sanierungsstaus“ erwecken. 48,1 Prozent der Befragten stimmten 2011 der Aussage unbedingt zu, dass solch ein Sanierungsstau unbedingt eine negative Auswirkung auf den Verkaufspreis hat. 2010 waren es 29 Prozent. Das bedeutet: Es scheint so zu sein, dass die Immobilien-Vermittlungsprofis einerseits die Chance auf eine bessere Vermarktung und einen höheren Verkaufspreis bei Bestandsimmobilien mit hoher Energieeffizienz mittlerweile als geringer einschätzen als noch vor einem Jahr. Die Nachteile von Bestandsimmobilien mit niedrigem energetischen Sanierungsgrad werden andererseits im Vergleich mit 2010 mittlerweile als höher eingeschätzt. Immobilienbesitzern könnte das zur Warnung werden: Häuser mit niedriger Energieeffizienz scheinen tatsächlich auf dem Weg zum Ladenhüter zu sein.
Warten wir mal ab, denn ein hoher Energie-Standard will ja auch bezahlt werden… Für mich spricht außerdem dagegen, dass zwar viele Kunden den Energieausweis sehen wollen, ihm aber eigentlich doch so recht keine ernsthafte Beachtung schenken.
Ich denke, dass bei vielen Immobilien-Interessenten der Blick ins eigene Portmonee und weniger Kriterien wie der Schutz von Ressourcen oder ein Stopp des Klimawandels entscheidet, ob die Energieeffizienz von Immobilien in Zukunft noch bedeutender wird oder nicht.
Sollten Energiekosten tendenziell weiter nach oben streben, was zumindest nicht unwahrscheinlich ist, wird es irgendwann einfach zur Kostenfrage, ob man sich das Leben als Mieter oder Besitzer einer wenig energieeffizienten Immobilie leisten kann und/oder möchte. Das mag nicht unbedingt dazu führen, dass nur noch extrem gut wärmegedämmte Häuser Marktchancen haben. Aber es könnte tatsächlich dazu führen, dass kaum energieeffiziente Immobilien sich zunehmend in Ladenhüter verwandeln. Ich denke, das ist die mögliche (!) Tendenz, die sich aus dem aktuellen Marktmonitor herauslesen lässt. Aber wie immer gilt wohl: Was die Zukunft bringt, kann letztlich auch nur die Zukunft zeigen.
Ich denke, der Markt wird sich ein wenig aufteilen in die, die es sich leisten können, und die, die lieber günstig kaufen und evtl. noch ein wenig in Eigenleistung nach-dämmen.
Ganz ehrlich: eine gut gemachte EFH-Dämmung kostet viel Geld, dass sich ja auch wieder amorisieren soll – die Frage ist: wann und ob? Manche werden vielleicht auch kaum dämmen, dafür etwas mehr Energiekosten aufwenden und kommen möglicherweise am Ende auf´s gleiche finanzielle Ergebnis?
Bei Derag Livinghotels ist die Energieeffizienz so bedeutend, dass die Gruppe bereit ist, die Mehrkosten von rund 20% zu tragen. Im September 2011 wurde das erste Null-Energie-Hotel der Gruppe, das Campo dei Fiori, in München eröffnet und findet seit Baubeginn bereits großen Zuspruch. Auch schöne Beispiele in der Hotellerie: Stadthalle Wien, Hotel Victoria in Freiburg. Wir wünschen uns weitere so positive Beispiele!