„Leerstand“ ist ein hässliches Wort in der Immobilienbranche. Es klingt nach Verlusten und nach Kosten, denen keine Mieteinnahmen gegenüberstehen. Leerstand ist das nach wie vor bestehende Problem der ehemaligen „Neuen Börse“ in Frankfurt am Main, seit die Deutsche Börse AG nach Eschborn abgewandert ist. Potenzielle Mieter interessieren sich scheinbar eher für andere Lagen, potenzielle Käufer scheuen Büros ohne Mieter, was die Vermarktung der jetzt „Lateral Towers Frankfurt“ genannten Immobilie deutlich erschwert. Der Fonds, der sich um den Unterhalt der Neuen Börse in Frankfurts Stadtviertel „Industriehof“ gekümmert hat geriet deshalb in finanzielle Schieflage und verkaufte die Immobilie an Commerz Real. Das sind alles keine wirklich guten Nachrichten aus dem Industriehof. Und vielleicht auch für den Industriehof?
Der Industriehof und die Frage nach 1A oder B?
„Eine bessere Lage und ein besseres Umfeld sind in Frankfurt kaum zu finden.“ So beschreibt die Standortinitiative Industriehof das gleichnamige Frankfurter Stadtviertel auf der Internetseite „Industriehof-ffm.de“. Das scheint aber nicht jeder so zu sehen. „Wir sind eben nur B-Lage“, wird Commerz Real – Sprecher Markus Esser in einem Bericht der Frankfurter Rundschau vom 23. Juli zitiert. Die Aussage bezieht sich auf die ehemalige Neue Börse im Viertel, die bisher vergeblich auf externe Käufer oder Mieter wartet. Deshalb kaufte Commerz Real jetzt selbst. Verkäufer war der Commerz-Real-Fonds „CFB 130 Deutsche Börse, Frankfurt“ und der aktuelle Deal soll unter anderem dessen Anteilseigner von möglichen Nachhaftungspflichten entbinden. Die Probleme mit der Immobilie sind damit verschoben, aber nicht gelöst. Hört jemand den Lockruf und mietet oder kauft die Lateral Towers? Was die Standortinitiative Industriehof zur Lage des Viertels und damit auch der „Lateral Towers“ schreibt, klingt ja alles gar nicht schlecht: unmittelbare Nähe zum Messegelände, Anbindung an die A66, 15 bis 20 Minuten Entfernung zum Flughafen, U-Bahn-Anbindung mit nur zehnminütiger Fahrt bis in Frankfurts Innenstadt. Aber das schien zumindest bisher nicht auszureichen, um auch den „Lateral Towers Frankfurt“ eine belebte Zukunft zu bescheren.
Der Leerstand, der Probleme schafft
Das ehemalige Neue Börse – Immobilie in Frankfurt wurde im Jahr 2000 fertig gestellt. Inklusive Lager- und Technikflächen liegt die gesamte Bruttogeschossfläche bei 55.766 m². Zur Immobilie gehören Parkdeck und Tiefgarage sowie ein Casino mit 400 Sitzplätzen als Gastronomie-Angebot. Langjähriger Nutzer der Immobilie: die Deutsche Börse AG. Wäre sie geblieben, wäre die Welt des „CFB 130 Deutsche Börse, Frankfurt“ wohl auch heute noch in Ordnung. Aber sie blieb nicht, sondern entschied sich zu Beginn des Jahres 2008, dass ein Umzug ins benachbarte Eschborn eine vorteilhafte Alternative zum bisherigen Standort sei. Seither ist die Nachnutzung des Gebäudes in Frankfurt ein Thema. Die Deutsche Börse AG blieb noch bis März 2011. Nach Mietern oder Käufern für die Immobilie wird bis heute gesucht. Und da sie zwar nichts mehr einbringt, aber weiterhin kostet, geriet der „CFB 130 Deutsche Börse, Frankfurt“ in finanzielle Probleme, was schließlich zum Verkauf geführt hat. Eine Umnutzung des Büroraums, etwa zu einer Klinik oder zu einem Hotel, soll bisher nicht ernsthaft im Gespräch sein, heißt es. Also bleiben Fragen aktuell wie: Wann kommen Büromieter und/oder wann wirken die „Lateral Towers Frankfurt“ auf einen Investoren attraktiv genug, dass er sie für sich oder andere als Büroraum nutzen möchte? Die Fragen dürfte auch die Standortinitiative Industriehof bewegen. Ein prominenter Leerstand im Viertel macht sich nicht so gut fürs Image.
Wer „A“ sagt, will oft nicht „B“
In Zeiten vorsichtiger Investoren scheint ein ganz guter Standort auch in Deutschland vielleicht nicht gut genug zu sein? Nach wie vor scheinen viele Investoren Deutschland als den viel zitierten sicheren Hafen zu sehen, aber eben nicht ganz Deutschland. Jones Lang LaSalle konstatierte für das erste Halbjahr 2012 im Handel mit Gewerbeimmobilien in Deutschland einen Umsatzrückgang um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 9,4 Milliarden Euro. Viele Experten sehen solche Zahlen als Ergebnis eines Mangels an Core-Immobilien in besten Lagen. Abseits der Toplagen bleibt manch eine Immobilie ein Ladenhüter. Das gilt für Immobilienkäufe, aber auch für manchen Vermietungsmarkt. In Frankfurt am Main spielen sich Bürovermietungen zu etwa siebzig Prozent in der City und zu achtzig Prozent in der City und am Flughafen ab, sagt Markus Esser in der Rundschau. Da haben Lagen wie der Industriehof es wohl nicht ganz so einfach. Gott sei Dank sind schwierige Aufgaben aber nicht zwangsläufig unmöglich zu lösende. Wie schnell sich jedoch Lösungen für die „Lateral Towers“ abzeichnen, bleibt abzuwarten.