Da ist noch Platz! Laut einer Studie von RegioData Research aus Österreich ist die Einkaufscenterfläche pro Kopf (in m²) in Deutschland, verglichen mit skandinavischen Ländern, eher gering. Das klingt, als gäbe es hierzulande noch Raum für viele weitere Shoppingcenter-Projekte. Auf der anderen Seite steht jedoch eine Studie, die das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) für die HSH Nordbank durchgeführt hat und die eine Einschätzung der Gesamtsituation von Einzelhandel in Deutschland enthält. „Der Kampf um den Kunden und um sein Geld wird härter“ heißt es auf der Internetseite des HWWI zur Studie. Und somit bleibt einmal mehr die Frage, ob die neuen Einkaufscenter-Projekte in Deutschland gute Erfolgsaussichten haben oder doch ein bisschen Ausdruck einer kleinen Centerblase sein könnten? Um es vorweg zu nehmen: Pauschale Antworten sollte man hier einmal mehr nicht erwarten!
Shoppingcenter – hinkt Deutschland zurück?
Die Einkaufscenter-Fläche pro Kopf liegt in Deutschland aktuell bei 0,14 m² pro Einwohner, heißt es in der Analyse von RegioData Research. Dabei sind die Unterschiede zwischen einzelnen deutschen Städten allerdings immens. Viernheim (nahe Mannheim) mit 1,84 m² Verkaufsfläche pro Einwohner, Neu-Ulm mit 1,23 m² und Sindelfingen mit 1,13 m² sind die Städte mit den größten Flächenzahlen pro Einwohner, während die Großstädte Köln (0,17 m²), Düsseldorf (0,15 m²) und Stuttgart (0,13 m²) vergleichsweise wenig Fläche für deutsche Verhältnisse bieten. Der deutschlandweite Durchschnittswert von 0,14 m² liegt unterhalb des Werts für Dänemark (0,27 m² pro Kopf) und deutlich unterhalb des Werts für Norwegen, wo pro Kopf 0,63 m² Shoppingcenterfläche zur Verfügung stehen. Das klingt dann wirklich erst einmal nach einem Nachholbedarf in Deutschland. Allerdings lässt sich das erst dann ernsthaft beurteilen, wenn man die gesamte Einzelhandelslandschaft der jeweiligen Länder betrachtet: Auf wie viel innerstädtischen Einzelhandel treffen die Shoppingcenter? Wie groß ist die Konkurrenz durch Fachmärkte und/oder große Supermärkte? Wie sieht es mit dem Onlinehandel aus?
Erst solch ein Gesamtblick würde etwas deutlicher machen, wie die Chancen neuer Shoppingcenter grundsätzlich aussehen, wobei man ohne konkrete Lagedaten eines ebenso konkreten Centerprojekts kaum eine Aussage treffen kann. Zumindest eins macht die Analyse von RegioData Research auf jeden Fall deutlich: In Deutschland ist eine ganze Reihe neuer Shoppingcenter geplant. RegioData Research spricht von rund 140 neuen Projekten mit mehr als zwei Millionen Quadratmetern Verkaufsfläche bis 2017. 2012 gab es etwa elf Millionen Quadratmeter und 2017 sollen es dann 13 Millionen sein. Das wäre mehr als das Vierfache der Fläche aus dem Jahr 1990 und etwas weniger als das Doppelte des Wertes zur Jahrtausendwende. Dass alle geplanten Flächen bis 2017 realisiert werden, ist jedoch auch aus Sicht der österreichischen Marktforscher sehr unwahrscheinlich. „Wir gehen davon aus, dass von den rund 140 für Deutschland geplanten Projekten nur wenige in den nächsten Jahren fertig gestellt werden“, heißt es auf der Website von RegioData Research.
Die Zukunft des Einzelhandels wird keine ganz einfache
Die Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) für die HSH Nordbank sieht einen fortschreitenden Konzentrationsprozess im Einzelhandel. Sie prophezeit im Einzelhandel geringe Steigerungen beim Umsatz, die vor allem großen Cityflächen zugute kommen, während kleinere Marktteilnehmer mit ihren Ladenflächen größere Schwierigkeiten bekommen. Gründe dafür sieht die Studie unter anderem in „Sättigungstendenzen“ bei Möbeln, Haushaltswaren, Bekleidung und Schuhen sowie in einem steigenden Durchschnittsalter der potenziellen Käuferschar, bundesweit nur gering steigenden oder gar stagnierenden Einkommen sowie im wachsenden Marktanteil des eCommerce. Und was bedeutet das für Shoppingcenter? Auch für sie wird der Konkurrenzkampf nicht unbedingt einfacher.
Laut Studie sind die Aussichten für Einzelhandelsflächen in wachsenden Regionen und Innenstadtzentren im Konkurrenzkampf durchaus positiv. In weniger günstigen Regionen kann es jedoch schwierig werden. Viele Flächen, insbesondere im Osten Deutschlands oder auf der grünen Wiese, aber auch am Stadtrand, könnten umgewidmet oder gar abgerissen werden, heißt es in der Studie. Hinzu kommt – so die Studie weiter – der Alterungsprozess, dem Shoppingcenter unterliegen und der bei manchem „in die Jahre gekommenen“ Shoppingcenter bald „umfangreiche Renovierungen und Umbauten“ notwendig macht, in die auch eine energetische Sanierung integriert wird. Das dürfte dann bei manchen Betreibern von Shoppingcentern zu einer kritischen Analyse führen, ob sich Investitionen in solche Maßnahmen überhaupt lohnen.
Abzuwarten bleibt auch, wie sich die Kaufkraft in Deutschland entwickelt, wie viel Geld Deutsche also künftig neben Miete, Heizung, Strom und dem Allernotwendigsten zum Ausgeben haben. Zumindest die Studie „GfK Kaufkraft Deutschland 2013“ von GfK GeoMarketing weckt hier für dieses Jahr Hoffnung. Laut Studie hat jeder Deutsche 2013 im Durchschnitt pro Kopf 554 Euro mehr zur Verfügung. Regional sind die Unterschiede allerdings groß, was die immense Bedeutung der richtigen Standortwahl untermauert. Und längerfristig sind seriöse Einschätzungen der Kaufkraft schwierig, was sie zu einem unsicheren Faktor bei Kalkulationen macht.
Und was nun?
Nimmt man beide Analysen zusammen, könnte es durchaus sein, dass in deutschen Wachstumsregionen noch Raum für neue Shoppingcenter bleibt, zumal neue Center innovative und besser auf die Zukunft eingestellte Centerkonzepte oftmals einfacher umsetzen können als ältere Center, bei denen eventuell komplizierte Umbauten notwendig würden. Gerade neue Konzepte könnten für manches Shoppingcenter, das nicht alleine durch seine Lage beste Erfolgschancen besitzt, zur Überlebensfrage werden. Dass alleine das Kaufangebot bisweilen nicht ausreicht, um eine ausreichende Anzahl von Menschen auf Dauer anzuziehen, ist vielen Centermanagern längst klar geworden. Und so liegt die Zukunft an manch einem Standort vielleicht in der Verstärkung von Hybridkonzepten, mit denen Shoppincenter zur Mischung aus Einkaufstempel, Mini-Gewerbegebiet und Freizeitareal werden. Vielleicht bietet auch das Minicenter in Verbindung mit einer Seniorenresidenz Chancen, vielleicht das thematisch konzentrierte Center, etwa mit einem überdachten, kinderfreundlichen Restaurants und reichlich Kinderbedarf-Produkten in Shops? Vielleicht. halten wir einfach fest: Lage und Idee sind vielleicht die beiden größten Erfolgsfaktoren für die Shoppingcenter der Zukunft. Ist das so? Man wird sehen.
Vorsicht, böse: und vielleicht haben wir bald noch viele schöne Flächen in guten Lagen, Stichwort Karstadt…