Die Zeit heilt alle Wunden, sagt man, und sie nährt das Vergessen. Nehmen wir etwa das Thema Finanzkrise: In den letzten Monaten schien es für Konsumenten von Massenmedien mitunter so, als ginge es nur noch darum, die letzten Auswirkungen dieser Krise zu überstehen und sich langsam wieder dem normalen Status quo anzunähern. Jüngste Schlagzeilen lassen jedoch zumindest bei der gewerblichen Immobilienfinanzierung alte Ängste auferstehen.
Ein Bericht, der aufhorchen lässt
So berichtete das Hamburger Abendblatt über US-amerikanische Großbanken, die aufgrund von Offenen Immobilienfonds vor riesigen Verlusten stehen. „Gewerbliche Immobiliendarlehen: Die unterschätzte Blase?“ wählte die Deutsche Bank Research als eine Überschrift in ihrer Ausgabe vom 23. April 2010. Folgt die Krise nach der Krise?
Erinnerungen an Subprime
2007 waren es US-amerikanische Wohnimmobilien und die berühmt gewordene Subprimekrise, die weltweite Auswirkungen hatten und den Gebrauch des Wortes „Finanzkrise“ in vielen Ländern deutlich ansteigen ließ. Damals fielen die Immobilienpreise in den Vereinigten Staaten und die Anzahl der Kreditausfälle bei Krediten für Wohnimmobilien stieg deutlich. Soweit die Vergangenheit. Fallende Immobilienpreise, eine wachsende Zahl von Leerständen, zu hohe Krediteinsätze: Das sind die drei Gründe, die jüngst für einen Verlust von 5,4 Milliarden Euro bei einem Morgan Stanley Fonds gesorgt haben. Das hört sich ähnlich an wie das, was 2007 geschah, nur dass es dieses Mal verstärkt um Gewerbeimmobilien geht. Das Hamburger Abendblatt zitiert in seinem Artikel vom zwanzigsten April 2010 die Harvard-Professorin Elizabeth Warren mit der Aussage, dass vierzig Prozent der US-Banken „eine riskante Konzentration im Bereich der gewerblichen Immobilienfinanzierung“ haben. Das klingt wie ein nicht zu unterschätzendes Risiko.
Kommen die Kredite nach den Krediten?
DB Research sieht den gewerblichen Immobilienmarkt auf Kurs in Richtung eines Flaschenhalses. Die Anschlussfinanzierung von Gewerbeimmobilien-Projekten, bei denen der aktuelle Kredit derzeit ausläuft, könnte sich als schwierig erweisen. Das mag insbesondere für diejenigen Projekte gelten, die auf der Basis von Immobilienkrediten mit hohen Beleihungsausläufen realisiert wurden. Von solchen Projekten gab es einige in den Jahren 2005 bis 2007, da es gute Jahre für die Immobilienbranche in vielen Teilen der Welt waren, Jahre. In jener Zeit schien vielleicht nicht alles, aber sehr vieles machbar zu sein. Als Beleihungsauslauf bezeichnet man bei Immobilien das Verhältnis von allen Fremdfinanzierungsmitteln einerseits (z.B. Krediten) und dem Beleihungswert des beliehenen Objektes andererseits. Als Beleihungswert wird wiederum derjenige Wert einer Immobilie bezeichnet, der sich voraussichtlich auch langfristig durch einen Verkauf erzielen ließe. Ein hoher Beleihungsauslauf bedeutet ein relativ hohes Risiko für eine Bank.
Die Macht der Gefühle
Mittlerweile sind viele der gewerblichen Immobilien im Wert gefallen, was bei einigen Projekten die gesamte Finanzierung mit weit reichenden Folgen zerstören könnte. Falls es wirklich dazu kommt oder auch nur in den Augen vieler Menschen wahrscheinlich wird, könnte das ohnehin angeschlagene Vertrauen in den Immobilienmarkt erneut empfindlich leiden. Angst und Misstrauen würden dominieren. Die Welt der Gefühle war schon immer maßgeblich an Krisen beteiligt: als Begleiter, aber auch als Verstärker. Beschwören wir sie nicht, eine neue Krise! Aber schließen wir auch nicht die Augen.