Das am 21. April 2011 offiziell eingeweihte erste Passivhochhaus Deutschlands in Freiburg-Weingarten ist erst der Anfang. Das gesamte Quartier Weingarten-West soll energetisch saniert werden. Bei diesem Projekt kooperieren das Unternehmen badenova WÄRMEPLUS, das Fraunhofer-Institut und die Freiburger Stadtbau GmbH. Sie möchten den Bedarf des Quartiers an Primärenergie um insgesamt fünfzig Prozent im Vergleich zum Projektbeginn senken. Die Voraussetzungen sind dabei nicht unbedingt ideal. Ein Großteil der Bausubstanz stammt aus den Jahren 1958 bis 1968 und Energieeffizienz war damals noch kein großes Thema.
15 Kilowattstunden pro m² sind erreicht
Das erste Passivhochhaus Deutschlands in Weingartens Buggingerstraße ist einerseits ein Symbol dafür, dass sich tatsächlich etwas in Freiburg-Weingarten bewegt. Zugleich zeigt es, was sich mit dem richtigen Konzept aus Bestandsbauten machen lässt. Und es ist ein Lehrprojekt: Die bei der Sanierung gesammelten Erfahrungen werden in ähnliche Projekte einfließen, mit denen die alte Bausubstanz den Anforderungen der Moderne angepasst wird. Das 16-geschossige Hochhaus erhielt eine moderne Dämmung für die Außenfassade und das Dach, eine Photovoltaikanlage, dreifach verglaste Fenster und eine Lüftungsanlage mit integrierter Wärmerückgewinnung. Aus einem Energieverbrauch von 68 Kilowattstunden pro m² sind dadurch 15 Kilowattstunden pro m² geworden.
Wirklich gerechnet hat sich die Sanierung nicht
Aber das Haus wurde nicht alleine energetisch verändert. Um das soziale Leben im Haus zu fördern, entstanden mehrere Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss. Zugleich wurden aus neunzig größeren Wohnungen im Hochhaus 135 kleinere. Das entspricht einerseits Anforderungen des modernen Immobilienmarktes, in dem sich die Nachfrage nach kleineren Wohnungen verstärkt hat. Andererseits können die Sanierungskosten so auf mehr Parteien umgelegt werden. 2009 berichtete die Badische Zeitung, dass die Kosten des Projekts von knapp zwölf Millionen Euro auf 13,6 Millionen oder mehr Euro steigen. Damals hieß es, die zuvor erwartete Mieterhöhung von 1,65 Euro pro m² werde abermals um 0,20 Euro pro m² steigen. Das für die Entwürfe verantwortliche Architekturbüro Rombach schreibt heute auf seiner Website, dass die „Gesamtmietkosten – unterstützt durch die geringeren Energiekosten – unter dem Niveau vor der Sanierung“ liegen. Dennoch: Ralf Klausmann, Geschäftsführer der Freiburger Stadtbau, beurteilt den Aufwand des Umbaus der Wohnungen heute als erheblich. „Wirklich gerechnet hat sich die Sanierung nicht“, sagt er auch.
Man wird viele Dinge lernen können
Das nächste Hochhausprojekt in Freiburg-Weingarten ist bereits in Planung. Durch dieses Projekt soll das Hochhaus Binzengrün 9 in ein energieeffizientes Mehrgenerationenhaus verwandelt werden. Auf eine Verkleinerung der Wohnungen wird dabei verzichtet. Bis 2020 wird es wohl noch eine ganze Reihe an Projekten in Freiburg-Weingarten geben. Zu Beginn der Umgestaltung des Quartiers gab es 2.015 Wohneinheiten, von denen etwa 1.400 als stark sanierungsbedürftig eingestuft wurden. Am Ende des Projekts wird es voraussichtlich 2.138 Wohnungen geben. Es gibt also viel zu tun. Aber wenn in jedes Projekt die Erfahrungen jedes vorangegangenen Projekts einfließen, könnten nicht nur die Projektverantwortlichen in Freiburg, sondern auch Architekten und Projektplaner in ganz Deutschland lernen. Das dürfte viel wert sein.