In Berlin-Karlshorst entsteht derzeit die Gartenstadt Karlshorst mit einem Mix aus Grün und Wohnimmobilien. Mit diesem Projekt und anderen Wohnprojekten geht ein Wandel des Ortsteils Karlshorst einher, der einst ein Zentrum sowjetischer Präsenz in Berlin und geprägt von Militärbauten gewesen ist. Das Konzept der Gartenstadt ist nicht neu, aber nach wie vor brandaktuell. Allerdings ist nicht jeder von der Idee überzeugt. Manch einer spricht von einem „ökologischen Desaster“.
Berlin-Karlshorst und das Militär
Karlshorst ist ein Berliner Ortsteil im Bezirk Lichtenberg, der in der Geschichte des Zweiten Weltkriegs keine unerhebliche Rolle gespielt hat. In Karlshorst lag die Pionierschule 1 der Deutschen Wehrmacht, die zum Kriegsende von der Roten Armee besetzt wurde. Zum Areal gehörten neben der Pionierschule unter anderem etwa zwanzig Kasernengebäude, ein Offizierskasino und Flugzeughallen. Militärisch genutzt wurde das Gelände bereits vor der Pionierschule: als militärischer Flughafen Berlin-Friedrichsfelde. In der ehemaligen Pionierschule unterzeichnete die Wehrmacht ihre bedingungslose Kapitulation und hier lag bis 1949 das Hauptquartier der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland. Später kam der KGB und 1967 wurde das Gebäude zum „Museum der bedingungslosen Kapitulation des faschistischen Deutschland im Großen Vaterländischen Krieg“. Seit 1991 befindet sich hier das Deutsch-Russische Museum. Ganz Karlshorst war in der DDR ein Ort, in dem russisches Militär präsent war. Heute gehört der Ortsteil Berlins zu denjenigen, die sich am meisten von allen in Deutschlands Hauptstadt verwandeln.
Die Gartenstadt und andere Wohnprojekte in Karlshorst
Berlin-Karlshorst hat knapp 22.000 Einwohner. In Zukunft könnte die Zahl der Einwohner steigen, denn in Karlshorst sind gleich mehrere Wohnimmobilien-Projekte geplant. Teils bereits realisiert ist die Siedlung „Carlsgarten“, bei der im vierten und letzten Bauabschnitt 104 Einfamilienhäuser und 55 andere Wohneinheiten entstehen sollen. Kurz vor seinem Abschluss steht das seit 2010 gebaute Projekt „Wohnpark Karlshorst“. Auf etwa 48.000 m² entstehen hier in fünfzehn bestehenden Häusern nach Angaben auf der Projektseite im Internet „340 Wohn- und Gewerbeeinheiten“ und 26.300 m² Wohnfläche. Bestimmungen der Denkmalschutzbehörde müssen bei der Realisierung des Projekts eingehalten werden.
Ein weiteres und das größte Projekt ist die Gartenstadt Karlshorst, bei der etwa 1.200 Wohnungen auf einem 241.000 m² großen Areal des Ex-Militärgeländes entstehen sollen. Unter anderem werden die bestehenden Flugzeughallen zu Wohnungen umgebaut. Investor des Projekts ist die WPK Grundstücksentwicklungsgesellschaft, der verantwortliche Architekt Klaus Theo Brenner. Vierhundert Millionen Euro soll das gesamte Projekt kosten. Der Baubeginn ist für März 2012 geplant, die Fertigstellung 2016. Geplant ist ein Mix aus Stadtvillen und diversen anderen Häusern, viel Grün und Einkaufsmöglichkeiten.
Gartenstädte – ein Konzept mit Tradition
Das Konzept der Gartenstädte stammt vom Briten Ebenezer Howard, der es im Jahr 1898 vorstellte. Im Prinzip geht es um die Neugründung von Städten im Umfeld einer Großstadt. Sie sollten die Zahl von Slums im Randbereich der Metropolen reduzieren. Gartenstädte, die dem ursprünglichen Konzept folgten, wurden ringförmig um einen gartenähnlichen Platz mit öffentlichen Bauwerken erbaut. Um dieses Zentrum herum folgten Wohnungen, Schulen und Kirchen und dann im weiteren Umfeld Areale mit gewerblicher Nutzung. Die einzelnen Ringe wurden durch Grünstreifen voneinander getrennt. Ein Zentrum der deutschen Gartenstadt-Bewegung war Berlin, wo sich 1902 die Deutsche Gartenstadt-Gesellschaft gründete. Im Lauf der Zeit wurde der Begriff „Gartenstadt“ etwas vom Grundkonzept gelöst und verstärkt zum Synonym für urbane Bereiche mit einem Wechsel bebauter Stadt- und Grünflächen.
Die Kritik an den Gartenstädten
Das Konzept ist weiterhin brandaktuell, aber nicht ohne Kritik. „Ökologisch seien Gartenstädte ein Desaster“ titelte etwa „Welt Online“ Anfang Januar 2012. Städte mit hoher Verdichtung wie Hongkong seien im Ölverbrauch deutlich sparsamer als ausufernde Städte wie etwa Berlin. Und so bleibt die Frage: Wird mit der Gartenstadt Karlshorst ein Prinzip hoch gehalten, das für die Zukunft der Städte gar nicht sinnvoll ist? Vielleicht. Andererseits dürfte eine Gartenstadt für viele Bewohner einer Stadt im Vergleich zu eng aneinander liegenden Hochhaus-Siedlungen den größeren Reiz haben. Der Kampf um die Zukunft der Stadt ist wohl noch lange nicht ausgefochten.