1964 bekam Martin Luther King den Friedensnobelpreis. Der afrikanische Staat Malawi wurde unabhängig und die Deutsche Bundesbank gab die ersten 1000-Mark-Scheine heraus. 1964 wurden auch Einheitswerte für die Grundsteuer ermittelt, die in Westdeutschland bis heute gelten. In Ostdeutschland geht man gar nach wie vor von Werten aus dem Jahr 1935 aus. Mittlerweile schreiben wir das Jahr 2010. 46 Jahre oder gar 75 Jahre sind eine lange Zeit. Dennoch entschied der Bundesfinanzhof nun in einem aktuellen Fall, dass die alten erhobenen Werte in Deutschland zumindest bis zum Beginn des Jahres 2007 angewendet werden können. Allerdings mahnt er dringend eine neue Festlegung der Einheitswerte an. Steigt die Grundsteuer dadurch?
Grundlegendes zur Grundsteuer
Beginnen wir mit Grundlegendem: Der vom Finanzamt festgelegte Einheitswert ist eine Komponente bei der Berechnung der Grundsteuer. Die Grundsteuermesszahl ist wiederum ein Promillesatz des Einheitswertes. Mit ihr wird dann der Grundsteuermessbetrag berechnet. Ein Beispiel: Die Grundsteuermesszahl beträgt etwa bei Mehrfamilienhäusern 3,5 Promille. Nehmen wir an, der Einheitswert liegt bei 200.000 Euro und wird für ein Mehrfamilienhaus mit einer Grundsteuermesszahl von 3,5 Promille multipliziert. Das ergibt dann einen Wert von 700 Euro. Dieser Wert wird anschließend noch mit dem von der jeweiligen Gemeinde festgelegten Hebesatz multipliziert. Dieser Hebesatz ist unterschiedlich hoch und kann beispielsweise 3,5 betragen. Als festgelegte Grundsteuer ergeben sich dann in unserem Beispiel (3,5 x 700) 2.940 Euro pro Jahr. Diese Summe zahlt der Hausbesitzer. Bei Mietshäusern sind in der Regel die Mieter die Zahlenden, auf die die Kosten umgelegt werden.
Neue Daten braucht das System
Der Einheitswert ist also die Grundlage der weiteren Berechnung für die Grundsteuer. Wird er anhand von Daten und Normbauweisen aus dem Jahr 1964 vom Finanzamt ermittelt, hat er mit der heutigen Realität oftmals nichts zu tun. Normalerweise sollen die Daten alle sechs Jahre neu festgelegt werden, was allerdings seit 1964 nicht mehr geschehen ist. „Das System stimme nicht mehr“, urteilte deshalb Michael Wendt, der Pressesprecher des Bundesfinanzhofes. Möglicherweise scheuen die Behörden allerdings den immensen Aufwand bei der Erhebung neuer Daten. Zehn Jahre lang soll es gedauert haben, bis die letzte Datenerhebung abgeschlossen war. Heute würde das Procedere wohl etwas schneller ablaufen, aber auch keinesfalls in kürzester Zeit. Dennoch wird man um neue Daten für den Einheitswert nicht herumkommen: Aufgrund der veralteten Daten gibt es heute über- und andererseits auch unterbewertete Immobilien. Mit dem Verkehrswert einer Immobilie hat der Einheitswert jedenfalls in den wenigsten Fällen etwas gemeinsam.
Wird die Grundsteuer angehoben?
Die Basis der Grundsteuer-Berechnung ist seit Jahren in der Kritik. Einer aufkeimenden Furcht vor einer nach Daten-Neuerhebung deutlich ansteigenden Grundsteuer versuchte Michael Wendt entgegenzusteuern. Falls sich der Einheitswert eventuell am Marktwert einer Immobilie orientiere, würde er häufig ansteigen. Die Kommunen würden allerdings, so Wendt, voraussichtlich mit einer Absenkung ihres Hebesatzes reagieren, um die Folgen für Hausbesitzer und Mieter in Grenzen zu halten. Fraglich bleibt jedoch, ob sich die Kommunen solch eine Chance für steigende Einnahmen komplett entgehen lassen: Schließlich sind viele Stadt- und Gemeindekassen nicht zum Bersten gefüllt.