In lokalen Kölner Medien fällt bisweilen der Begriff „Bausünde“, wenn von den Hochhäusern in Köln-Chorweiler die Rede ist. Viele Menschen würden sie wohl tatsächlich als eher nicht so schön bezeichnen. Aktuell sind sie aber aus einem ganz anderen Grund in der Diskussion. Die bisherige Eigentümerin von einigen Chorweiler Hochhäusern mit insgesamt knapp 1.200 Wohnungen ist bankrott, sodass die Wohnungen voraussichtlich Anfang Januar 2013 versteigert werden. Die Stadt Köln fürchtet nun, dass die Häuser einen neuen Eigentümer bekommen, der zwar viel Geld aus den gekauften Wohnungen herausziehen will, der sich dabei jedoch davor scheut, Investitionen in notwendige Sanierungen zu tätigen. „Heuschrecken“ nennt man Unternehmen bisweilen, die solch ein Vorgehen in großem Stil pflegen. Um solche „Heuschrecken“ am Kauf der Hochhäuser in Chorweiler zu hindern, würde die Stadt die Häuser gerne selbst im Rahmen eines Konsortiums bei der Zwangsversteigerung erwerben. Ob das aber funktioniert, ist eine andere Frage.
Chorweilers bisweilen nicht ganz so guter Ruf
Köln Chorweiler ist ein Stadtteil im gleichnamigen Kölner Stadtbezirk. Der Bezirk „galt lange Zeit als synonym für eine verfehlte städtebauliche Entwicklung in den 1970er Jahren“, heißt es auf den Seiten der Stadt Köln. Das klingt ein bisschen so, als seien diese Zeiten vorbei. Aber ist dem so? Auf der Internetseite „Soziale Stadt NRW“ wird Chorweiler-Mitte als „größte hochgeschossige Neubausiedlung in Nordrhein-Westfalen“ bezeichnet, zugleich als Stadtteil mit hoher Bevölkerungsdichte, hohem Ausländeranteil und starker „Konzentration sozial benachteiligter Bewohnergruppen“. Neben dem Begriff „Bausünde“ fällt bisweilen auch der Begriff „hässliche Hochhäuser-Schluchten“ im Zusammenhang mit Chorweiler. Der jüngst verstorbene Komiker Dirk Bach soll laut Zeit Online einmal auf die Frage, was er gern an Köln ändern würde, geantwortet haben, er würde gerne Chorweiler abreißen. Bei vielen Menschen hat Chorweiler wohl nicht das beste Image.
Häuser mit Sanierungsbedarf
Das bisher Geschriebene muss nicht zwangsläufig heißen, dass jeder Bewohner Chorweilers wirklich ungern im Stadtteil wohnt. Bezirksbürgermeisterin Cornelie Wittsack-Junge plädierte jüngst im Rahmen eines Hochhausmarathons dafür, die Hochhäuser vor Ort auch „einmal als Stärke zu betrachten“. Aber das scheint vielen schwer zu fallen, zumal einigen Hochhäusern des Stadtteils nicht alleine von einigen oder gar vielen Menschen nachgesagt wird, hässlich zu sein. Auch „heruntergekommen“ ist ein Adjektiv, dass (wohl nicht ganz unberechtigt) gerne einmal mit den Hochhäusern verbunden wird. Sanierungsbedarf scheint auch bei den Hochhäusern zu bestehen, die im Januar 2013 versteigert werden. Die Boulevardzeitung „Express“ bezifferte den für Instandsetzungen notwendigen Betrag am 16. Oktober auf bis zu 80 Millionen Euro.
Angst vor Verschlechterungen
Die Hochhäuser mit den Wohnungen, um die es hier geht, liegen in der Florenzer-, der Göteborger- und der Osloer Straße sowie an der Stockholmer Allee in Chorweiler. In ihnen leben über 3.000 Menschen, teils in schlimmen Zuständen, schreibt die Zeitung „Kölner Stadtanzeiger“. Am 18. Januar 2013 sollen die Häuser unter den Hammer kommen. Laut Medienangaben zählt unter anderem die Talos-Gruppe zu den Interessenten an den Hochhäusern. Zu ihr gehört auch das Unternehmen KPM Immo. Ihm wird etwa nachgesagt, sich bisher nur wenig um 17 im Jahr 2009 gekaufte Mehrfamilienhäuser in Köln Porz-Finkenberg gekümmert zu haben. Ob das stimmt oder nicht, kann an dieser Stelle nicht entschieden werden. Investor Erez Adani, dem die Talos Gruppe gehören soll, strebt jedenfalls angeblich danach, das „Böse-Buben-Image“ loszuwerden. Also stimmt es nicht? Fakt scheint zu sein: In Chorweiler geht die Angst vor den sogenannten Heuschrecken um, vor Unternehmen, die Immobilien kaufen, um daran eine Weile zu verdienen und laufende Ausgaben dabei auf einem Minimalniveau zu halten. Auf Sanierungen darf man bei solchen Unternehmen eher nicht hoffen. Das hieße auch: Die Zustände für die Mieter der Chorweiler Häuser würde sich wohl weiter verschlechtern, wenn Heuschrecken das Rennen machen.
Die Stadt engagiert sich
Angeblich versuchen derzeit die Stadt Köln sowie die Kölner Wohnungsbaugesellschaft GAG und mehrere kleinere Firmen, gemeinsam ein Konsortium zu bilden, um sich an der Versteigerung im Januar zu beteiligen. Politisch unumstritten wäre solch ein Konsortium nicht, da die Stadt Köln – wie so viele Städte Deutschlands – eigentlich sparen muss. Andererseits geht es bei der ganzen Geschichte auch um den Ruf und die Zustände in einem Stadtteil, in dem es mit dem Ruf und den Zuständen möglicherweise nicht zum Besten bestellt ist. Und so hat die Stadt bereits angekündigt, auch dann nicht aufzugeben, wenn das mögliche Konsortium mit städtischer Beteiligung im Januar nicht zum Zuge kommt. Dann werde man alle zur Verfügung stehenden rechtlichen Aufsichtsinstrumente anwenden, „um die Wohnsituation der Mieterinnen und Mietern zu verbessern und beanstandete Mietmängel durch den neuen Eigentümer zeitnah abzustellen“, wird die Stadt auf Report-k.de zitiert. Der Kampf gegen echte oder vermeintliche Heuschrecken-Firmen kann hart sein, Zeit und Kraft kosten. Aber es scheint um viel zu gehen für Köln und seinen Stadtteil Chorweiler.