Das neue Parlamentsgebäude in Potsdam wurde in den originalen Um- und Aufrissen des historischen Stadtschlosses auf dem Alten Markt errichtet. Dennoch handelt es sich dabei nicht um einen Palast, sondern um ein funktionales Regierungsgebäude. Das sollen die sieben Meter langen goldenen Lettern an der Westfassade verdeutlichen. Den Schriftzug ‚Ceci n’est pas un Château‘ hat die Künstlerin Annette Paul dort anbringen lassen. Er soll an das berühmte Bild ‚Ceci n’est pas une Pipe‘ des belgischen Surrealisten René Magritte erinnern. Unter der Abbildung einer Pfeife steht dort geschrieben: Dies ist keine Pfeife. Und der brandenburgische Landtag ist eben auch kein Schloss.
Die Demokratie hat entschieden
Der Entscheid für die Errichtung eines Landtagsgebäudes nach den Vorbildern des alten Potsdamer Stadtschlosses wurde demokratisch getroffen. Zunächst wurde im Landtag eine Sanierung der alten Reichkriegsschule abgelehnt. Der ehemalige Sitz der SED Bezirksleitung und des späteren Nachwendeparlaments sollte demnach nicht in ein modernes Parlamentsgebäude umgewandelt werden. Stattdessen entschied man sich für den Wiederaufbau des historischen Schlosses am Alten Markt in modernem Parlamentsgewand. Obwohl dieser Entschluss zunächst kontroverse Diskussionen auslöste, bestätigte auch eine Mehrheit der Bürger in einer Befragung diese Lösung.
Ein Schloss, das keines ist
Nach einer Bauzeit von dreieinhalb Jahren und Investitionen in Höhe von 120 Millionen Euro wurde das neue Landtagsgebäude in Schlossoptik nun feierlich eröffnet. Die Besucher konnten sich selbst davon überzeugen, dass der Schriftzug ‚Ceci n’est pas un Château‘ tatsächlich der Realität entspricht. Denn hinter der historischen Fassade verbirgt sich ein Regierungsgebäude, bei dem die Funktion im Vordergrund steht. Das vierflügelige Ergebnis seiner Planung beschreibt der Dresdner Architekt Kulka mit den Worten: Hier findet Transformation statt, treffen sich Geschichte und Moderne, ist der Übergang in die spartanische Welt des Landtags. Im historischen Schlossgewand befindet sich denn auch ein echtes Energiesparhaus.
Der Weg vom Schloss zum Regierungsgebäude
Im Jahr 1945 war das Potsdamer Stadtschloss am Alten Markt stark beschädigt worden, 1960 schließlich ließ das SED Politbüro das historische Gebäude komplett abreißen. Schon seit der Wende war die Stadt mit dieser Bausünde aus DDR Zeiten beschäftigt gewesen, denn dort klaffte noch immer eine städtebauliche Wunde. Im Jahr 2009 wurde der Auftrag zur Beseitigung und Neubebauung des Schandflecks vergeben. Die niederländische Royal BAM Group und der Architekt Peter Kulka erhielten den Zuschlag für die Planung, die Errichtung, die Finanzierung und den Betrieb des neu errichteten Landtagsschlosses für die Dauer von 30 Jahren. Kulka hat nach eigenen Angaben vor allem die Herausforderung gereizt, den Anspruch zu erfüllen, in einer barocken Hülle mit vorgegebenem Maß so viel Platz zu schaffen, dass künftig auch der Berliner Landtag dort unterkommen könnte. Außerdem habe er die demokratische Vorgehensweise der Beschlussfassung geschätzt.
Die Übernahme der Mehrkosten steht im Raum
Im Laufe der Bauarbeiten wurden zwei Baudenkmäler gefunden. Die Sicherung dieser Funde hat Mehrkosten in unbekannter Höhe hervor gebracht. Das Finanzministerium macht zur tatsächlichen Summe keine Angaben. Weitere Kosten sind durch Zusatzwünsche der Nutzer während der Bauphase entstanden. Thomas Vieweg, der Pressereferent des Finanzministeriums nennt diesbezüglich Mehrkosten aufgrund von höheren Anforderungen an die Medientechnik im Gebäude. Auch zu diesen Kosten macht er jedoch keine näheren Angaben. Denn es ist noch nicht geklärt, wer am Ende diese Mehrkosten wird übernehmen müssen. Das muss in einem Schiedsgerichtverfahren entschieden werden. Solange dieses Verfahren nicht abgeschlossen sei, wolle der Referent sein Schweigen beibehalten. Die Gesamtkosten, welche beim Bau des brandenburgischen Landtagsschlosses tatsächlich entstanden sind, werden der Öffentlichkeit also erst bekannt gegeben, wenn endgültig geklärt ist, wer diese zu tragen hat.
Ein Schloss, das gefällt
Die Reaktionen der Besucher nach der offiziellen Eröffnung waren trotz der noch ungeklärten Kostenlage überwiegend positiv. Den Bürgern gefällt ihr altes neues Schloss genauso gut wie den Parlamentariern, die dort künftig tagen werden. Neugierige bekamen nicht nur die Gelegenheit, das Gebäude von innen zu besichtigen, sie konnten auch den Architekten Peter Kulka persönlich kennen lernen. Das Büro des Landtagspräsidenten stand den Besuchern anlässlich der Eröffnung ebenso offen wie die Tür des Ministerpräsidenten. Einzig die Ausstellung des Künstlers Lutz Friedel gab Anlass zu kontroversen Diskussionen. Denn unter den 112 ausgestellten Werken fanden sich auch Porträts von umstrittenen Persönlichkeiten wie Goebbels, Stalin und Hitler.