Es gibt auch noch andere Shoppingcenter in Deutschland, die über Probleme klagen. Aber in gewisser Weise ist das Marstall-Center im baden-württembergischen Ludwigsburg schon etwas Besonderes, denn die Eigentums-Verhältnisse sind kompliziert. Große Teile des über Leerstand klagenden Centers gehören drei Fonds-Gesellschaften, kleinere Teile Händlern. So kommt man auf über dreißig Parteien, die sich für eine Zukunft des Centers irgendwie zusammenraufen müssten. Da das extrem schwierig ist, möchte die Stadt jetzt als Vermittler auftreten und endlich dafür sorgen, dass alle Flächen in eine Hand kommen. Es ist die letzte Chance für das Center, zitiert die Ludwigsburger Kreiszeitung den Oberbürgermeister der Stadt, Werner Spec. Aber ein interessierter Investor muss erst einmal gefunden werden.
Ein einsamer architektonischer Sündenfall
Das Marstall-Center ist in die Jahre gekommen. Gebaut wurde es von 1972 bis 1975. Kritik hat das Bauwerk mit seinen bis zu fünfzehn Etagen hohen Aufbauten, in denen unter anderem Büros und Praxen Platz finden, bereits früh hervorgerufen. Es passe nicht in Ludwigsburgs Stadtbild, hieß es beispielsweise. Vielen fällt es schwer, etwas architektonisch Reizvolles beim Marstall-Center zu entdecken. Aber selbst, wenn manche (Viele? Alle?) das Marstall-Center für eine architektonische Sünde halten: Das ist wohl nicht das Hauptproblem des Centers. Das Hauptproblem heißt Leerstand. Im März 2010 ging Karstadt und machte 9.000 m² der 22.000 m² zur Öde. Tengelmann hatte das Marstall-Center bereits zuvor verlassen. Schlecker ist mittlerweile auch weg, C&A wird ebenfalls gehen und der Internetauftritt des Marstall-Centers verbreitet mittlerweile genau jene Öde, die das Center selbst ausstrahlt: Sie besteht aus einer einzigen Seite mit einer Aufzählung der verbliebenen Geschäfte. Mittendrin findet man dort noch das C&A-Logo, was fast schon wie eine Erinnerung an bessere Zeiten aussieht.
Viele Eigentümer sprechen auch mit vielen Stimmen
Es gibt Hoffnung. Immerhin bescheinigte ein Gutachten dem Marstall-Center hervorragende „Revitalisierungs-Chancen“. Eine Revitalisierung funktioniert aber wohl nur dann, wenn aus den zahlreichen Eigentümern des Marstall-Plans ein einziger wird. Das ist aber nicht ganz einfach. Die Eigentümer müssten sich einig werden und die Flächen zu einem Preis anbieten, der Investoren lockt. Zu denjenigen, mit denen eine Lösung gefunden werden müsste, gehören das Highstreet Konsortium als Eigentümer der Ex-Karstadtflächen, sowie die Investoren-Gesellschaft Aerium, der die C&A-Fläche gehört. Weitere Eigentümer sind die Larmarg-Gruppe aus den Niederlanden sowie eine ganze Reihe kleiner Händler und Banken. Da scheint das Sprichwort von den vielen Köchen, die den Brei verderben, durchaus zu passen.
Wichtige Aufgaben für potenzielle Investoren
Die Verhandlungen der Eigentümer zum gemeinsamen Verkauf an einen Investor, entwickeln sich zähflüssig. Hinzu kommt einerseits, dass der mögliche Investor wohl erst einmal investieren müsste, um dem Center eine neue Chance zu geben. Die bisherigen Großeigentümer hätten tatenlos zugesehen, wie das Gebäude zur Bruchbude verkommt, wird der Ludwigsburger Bürgermeister Hans Schmid im Mai 2011 in der Stuttgarter Zeitung zitiert. Frank Ritschek von der Marstall Verwaltungsgesellschaft schätzt allerdings, dass bereits zehn Millionen Euro ausreichen könnten, um dem Marstall-Center neues Leben einzuhauchen. Andererseits gibt es mit dem 40.000 m² großen „Breuningerland“ Center und der etwa 14.000 m² großen Wilhelm-Galerie starke Konkurrenz gibt, gegen die man sich mit dem Marstall-Center erst einmal behaupten muss. Nicht ganz einfach.
Noch gibt es eine Chance
Die Stadt Ludwigsburg hat das Marstall-Center noch nicht aufgegeben. Um als Vermittler aufzutreten und die Eigentümer doch noch irgendwie zu einigen, hat die Stadt jetzt beschlossen, eine eigene Gesellschaft zu gründen, die sich der Aufgabe annimmt. Möglicherweise findet sich durch Arbeit dieser neuen Gesellschaft ja doch noch ein Investor als Retter des Marstall-Centers? Skepsis und Hoffnung halten sich die Waage.