Obwohl das Lübecker Prestige-Projekt KaiLine in der Realisierung schon weit fortgeschritten war, wurde es jetzt in letzter Sekunde von der Bürgerschaft verhindert.
Das war KaiLine
Das Projekt sollte eine Fläche von 85.000 Quadratmetern umfassen und bereits im nächsten Jahr erschlossen werden. Geplant waren etwa 450 Wohnungen, 16.000 Quadratmeter Fläche für Büros und Hotellerie und 9.000 Quadratmeter Fläche für die Gastronomie und den Einzelhandel. Verwirklicht werden sollten diese ehrgeizigen Pläne auf einer Halbinsel, die unmittelbar der historischen Altstadt Lübecks vorgelagert inmitten der Trave liegt. Die vom Wasser geprägte Stadt wollte sich mit der KaiLine als moderne Kulturhauptstadt des Nordens präsentieren.
Die Historie des Luxus-Projektes
- Zum Ende des Jahres 2012 wurde der erste Anhandgabevertrag für die KaiLine von der Hansestadt Lübeck und der Volker Schlüschen und Jürgen Wernekinck GbR unterschrieben. Die Bürgerschaft entschied die Anhandgabe für zwei Grundstücke im November. Die Stadt plante in Zusammenarbeit mit dem Koordinierungsbüro Wirtschaft Lübeck KWL die Ausschreibung eines Architektenwettbewerbs. Der Baubeginn wurde für Anfang 2014 angesetzt.
- Die Bürgerinitiative ‚Rettet Lübeck‘ hatte Klage gegen das Projekt KaiLine eingelegt, weil sie für den Erhalt alter Hafenschuppen kämpfen wollte. Diese Klage wurde jedoch im Februar 2013 überraschend zurückgezogen. Der Weg zur Verwirklichung des aufwändigen Projekts schien nun endgültig frei.
- Anfang März wurden zwei weitere Flächen in attraktiver Lage an der Uferpromenade zur Bebauung angeboten.
- Am 15. März wurde von den Investoren und den Vertretern der Stadtplanung das Rückfragekolloquium für die beiden anhandgegebenen Grundstücke abgehalten. Die zehn Teilnehmer am Architektenwettbewerb zum Projekt KaiLine reisten ebenfalls aus der ganzen Bundesrepublik zum Termin an. Der Jury-Entscheid für den Sieger-Entwurf wurde für den 14. Juni anberaumt. Als Baubeginn war der März 2014 vorgesehen.
- Zum Sieger des Architektenwettbewerbs für das erste Gebäude mit vier Blöcken wird das Lübecker Büro Petersen, Pörksen und Partner gekürt. Den Grundstücksverkauf beschließt die Bürgerschaft noch und plant den Baubeginn für das Frühjahr 2014 ein.
- Nachdem sich die Mehrheitsverhältnisse in der Lübecker Bürgerschaft nach Kommunalwahlen geändert hatten, musste die Abgabefrist für die Angebote der nächsten beiden Grundstücke im Juli verlängert werden. Für den Beschluss der Anhandgabe sollte das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen abgewartet werden.
Das Aus für die KaiLine
Obwohl die KaiLine auf der nördlichen Wallhalbinsel in ihrer Planung bereits so weit gediehen war, hat die Bürgerschaft dem Millionenprojekt auf ihrer Sitzung im August eine endgültige Absage erteilt. Eine Mehrheit von 26 Stimmen der insgesamt 48 Bürgerschaftsmitglieder bescherten der KaiLine nach einer hitzigen, vier Stunden dauernden Debatte das Aus. Der Bebauungsplan war einst von einer rot-rot-grünen Mehrheit beschlossen worden. Die Lübecker Nachrichten meldeten, dass jetzt die CDU zusammen mit den Grünen und der Linken die ablehnenden Stimmen vergeben hatten, welche für die Abfuhr verantwortlich seien.
Jubel auf der einen Seite, Schock und Trauer auf der anderen
Die Bürgerinitiative ‚Rettet Lübeck‘ konnte ihr spätes Glück kaum fassen und veranstaltete eine jubelreiche Grillparty mit KaiLine Gegnern vor einem der geretteten Hafenschuppen. Denn die historischen Schuppen, für deren Erhalt man gekämpft hatte, können nun bleiben, wo sie schon von alters her stehen. Die Initiative ‚Lübeck 13‘ hatte 20.000 Unterschriften zur Verhinderung des Projekts zusammen getragen, weil befürchtet wurde, eine zweite Hamburger Hafencity vor die Nase gesetzt zu bekommen. Auch bei diesen Aktiven war der Jubel natürlich groß.
Der Senat will jedoch geschlossen für das Projekt KaiLine weiterkämpfen. Der Bausenator Franz-Peter Boden begründet diesen Ehrgeiz mit dem Schaden, den die späte Ablehnung des millionenschweren Prestige-Projekts der Stadt seiner Meinung nach bringen würde. Auch für die Investoren endet mit der Entscheidung um 21.00 Uhr ein schwarzer Tag. Sie wollen nach eigener Aussage dagegen klagen.
Die Zukunftschancen
Zwar muss das KWL die zweite Ausschreibung von Bauflächen jetzt stoppen, doch die Hoffnung haben die Befürworter der KaiLine noch nicht aufgegeben. Sie plädieren für einen Bürgerentscheid und setzen darauf, dass die Lübecker Bürger das Projekt wieder aufleben lassen. Der Bürgermeister Jan Lindenau hat angekündigt, die Verkaufsvorlage vorzulegen, obwohl das Projekt eigentlich gekippt wurde. Die SPD arbeitet derweil im Hintergrund an möglichen Kompromissen in alle Fraktionsrichtungen. Man könne Teile der Hafenschuppen und den Beachclub erhalten, selbst wenn das KaiLine Projekt doch noch realisiert werden sollte, meint die Partei. Außerdem macht die SPD den Vorschlag zur Güte, 25 Prozent der geplanten Wohnungen im Sozialen Wohnungsbau umzusetzen. Auch die geplante Architektur könne im Nachhinein noch verändert werden.
Man darf also gespannt sein, wie die aufregende Geschichte dieses einzigartigen Immobilien-Thrillers weitergeht. Denn das letzte Wort ist in Sachen KaiLine noch längst nicht gesprochen.