Ein nicht unwesentlicher Faktor bei der Suche nach Wohnimmobilien ist das soziale Umfeld. Herrschen Kriminalität und Depression vor oder hat ein Stadtquartier auch nur das Image, es wäre so, dann wird es schwierig, Immobilienmieter und -käufer für das jeweilige Quartier zu finden. Ist das Umfeld dagegen von einem gut nachbarschaftlichen Verhältnis geprägt, von Engagement und einem Miteinander, kann das manche Nachteile einer Wohngegend kompensieren. Dass das soziale Umfeld nichts ist, was unveränderbar gegeben ist, zeigt beispielsweise der Hamburger Stadtteil Dulsberg.
Dulsberg bewegt sich
Dulsberg liegt im Bezirk Hamburg-Nord und hat etwa 18.000 Einwohner. Eine intensive Wohnbebauung begann hier in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Zu jenem Zeitpunkt entstanden unter Federführung des Architekten und Stadtplaners Fritz Schumacher Mehrfamilienhäuser in neuzeitlicher Backstein-Bauweise. Größere Teile dieser Bebauung wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört, danach jedoch erneut aufgebaut. Ein Grünstreifen zieht sich reizvoll durch den Stadtteil und steht allen Bewohnern zur Verfügung. Der Stadtteil gilt heute dennoch im Vergleich mit anderen Stadtteilen der Hansestadt als benachteiligt, nicht jedoch als ein sozialer Brennpunkt. Eine Grundlage dafür, dass dem so ist, bildet das Hamburgische Programm für Stadtteilentwicklung, durch das Dulsberg in den Jahren 1995 bis 2002 gefördert wurde. In und teils bereits vor dieser Zeit wurden auch die Grundsteine für die Bürger-Beteiligung im Stadtteilrat gelegt. So entstand 1992 der Stadtteilrat Dulsbergs. Er wird in alle „öffentlichen Maßnahmen im Stadtteil“ einbezogen und zielt auch darauf ab „die BürgerInnen des Stadtteils möglichst intensiv an allen wichtigen Entscheidungsprozessen zu beteiligen“, heißt es auf Dulsberg.de.
Die Chemie scheint zu stimmen
Dass der Grundstein, der damals gelegt wurde, nicht verrottet, ist nicht zuletzt dem Dulsberger Stadtteilbüro des freien Trägers „Mook Wat“ zu verdanken. Es unterstützt Initiativen vor Ort, organisiert unter anderem Mieter-Zusammenkünfte, Freizeitangebote, Kulturveranstaltungen sowie Beratungen. All das ist natürlich nichts, was nicht auch in anderen Stadtteilen anderer Städte existieren würde. Aber glaubt man dem Artikel „Mook Wat: Bewohner gestalten ihr Quartier“ vom siebten April 2012, scheint die Chemie für solche Initiativen in Dulsberg besonders günstig zu sein. Jürgen Fiedler vom Stadtteilbüro bezeichnete den Stadtteil im Artikel als „lebendig, durchmischt – und engagiert“. Die, die hier wohnen, scheinen nicht alleine zu bleiben, weil es anderswo zu teuer wäre. Zugleich kommen auch neue Mieter: etwa Studenten und junge Familien, die sich über relativ günstige Quadratmeterpreise freuen.
Für Familien ist (noch) wenig Platz
Geprägt ist Dulsberg von vielen Kleinwohnungen. Laut Jürgen Fiedler im Hamburger Abendblatt ist Dulsberg Hamburgs Stadtteil mit den meisten kleinen Wohnungen, wobei die Durchschnittsgröße bei 52 m² liegt. Zuzugswillige Familien haben es also nicht ganz einfach, passenden Wohnraum zu finden, und potenzielle Neubauflächen gibt es kaum. Deshalb entwickeln Stadtteilbüro und Baugesellschaften Pläne, bestehende Wohnungen zusammenzulegen und zu vergrößern. Das erhöht das Wohnangebot für Familien. Es könnte aber zugleich das Angebot für Studenten schwächen. Hier sind planvolle und kluge Initiativen nötig, damit der Wohnungsbau die Entfaltung des Stadtteils sinnvoll unterstützt.
Ein (möglicher) Wandel zum Guten
Viele hätten sie schräg angesehen, als sie erfuhren, dass sie aus Dulsberg komme, schreibt Julia Rotenberger 2010 als Autorin des Hamburger Jugendmagazins „Freihafen“ in einer Rückschau. Sie hat von 2000 bis 2006 im Stadtteil gewohnt. „Problemstadtteil“ habe man Dulsberg genannt, sagt sie, aber es bewege sich etwas in Dulsberg: „Auf einmal wuselt und brodelt es dort, wo zuvor jahrelang Stillstand herrschte.“ Sie hält es durchaus für möglich, dass es irgendwann cool sein könnte, in Dulsberg zu wohnen. Von der grauen Maus zum In-Stadtteil? Es wäre nicht das erste Mal, dass solch eine Entwicklung möglich würde. Der Stadtteil Ehrenfeld in Köln hat das beispielsweise bereits erfolgreich hinter sich gebracht. Merke: Es gibt noch Geschichten mit Happyend. Und man kann selbst an solchen Geschichten basteln!