Ein Großbauprojekt mit zeitlicher Verzögerung, das mehr kostet als ursprünglich angenommen? Ganz viele Leute werden dabei aktuell wohl an den Flughafen Berlin-Brandenburg denken, andere vielleicht an die Elbphilharmonie oder an Stuttgart 21. In Karlsruhe und Umgebung besteht jedoch die Möglichkeit, das ein weiteres und etwas kleineres, für Karlsruhe aber ganz schön großes Projekt in den Fokus rückt. Die Rede ist von der sogenannten Kombilösung, die mit Stadtbahn- und Autotunnel unterirdisch sowie vom Verkehr entlasteten und teils als Fußgängerzone konzipierten Arealen oberirdisch Teile der Innenstadt Karlsruhe deutlich verändern soll. Auch Karlsruhes Kombilösung gibt viel von dem her, was die vorab genannten größeren Projekte in die Schlagzeilen bringt: Bauverzögerung und Mehrkosten, zu denen sich in Karlsruhe Mieter in Baustellennähe gesellen, die eine Mietminderung fordern.
Was ist die Kombilösung?
Als Kombilösung wird ein Maßnahmenpaket für Karlsruhes Innenstadt genannt, mit dem Verkehr (Auto und Bahn) teils unter die Erde verlegt wird, damit zugleich oberirdisch mehr Raum fürs Einkaufen, Bummeln und Genießen entsteht. Konkret soll bis 2017 ein Stadtbahntunnel unter Karlsruhes Kaiserstraße und vom Marktplatz bis zur Augartenstraße gebaut werden. Geht alles nach Plan, wird 2019 zudem eine Straßenbahntrasse in der Kriegsstraße entstanden sein, unter der sich dann zugleich ein „durchgängiger Autotunnel vom Karlstor bis zum Mendelssohnplatz“ befinden wird. Durch die verkehrstechnischen Maßnahmen sollen das Netz des Karlsruher Verkehrsverbunds (KVV) „deutlich leistungsfähiger“ und der öffentliche Personennahverkehr der Stadt „fit für die wachsenden Anforderungen der Zukunft“ werden, heißt es auf Diekombiloesung.de. Zugleich soll der nach unten verlegte Bahnverkehr endlich für „eine echte Fußgängerzone in Karlsruhe“ sorgen, die vom Kronen- bis zum Europaplatz führt.
Das Projekt gilt als „Karlsruher Jahrhundertprojekt“ und das ist wohl auch nicht übertrieben. Anfang 2010 war Spatenstich für den Bau von zwei Tunneln, wobei die Kosten des Gesamtprojekts damals mit rund 590 Millionen Euro angegeben wurden. Möchte man noch weiter zu den Wurzeln des Projekts zurückkehren, stößt man auf einen Bürgerentscheid aus dem Jahr 2002 mit einer Wahlbeteiligung von 74,03 Prozent sowie einem Anteil der Ja-Stimmen, die sich für die Kombilösung aussprachen, von 55,55 Prozent. Der Satzungsbeschluss des Bebauungsplans für das Projekt stammt aus 2008. Verantwortlich für das Gesamtprojekt ist die 2003 gegründete „Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft mbH“ (KASIG), eine 100-prozentige Tochter des städtischen Unternehmens „Karlsruher Versorgungs-, Verkehrs- und Hafen GmbH“ (KVVH).
Für einige Menschen gibt es Nachteile
Nahezu jedes größere „Bauprojekt bringt für irgendwen auch Nachteile und das ist bei der Karlsruher Kombilösung nicht anders. „Kombilösung: Geschäftsleute stinksauer“ titelte etwa das Onlineportal Ka-news.de am 27. August 2010. „Am Kronenplatz sei das Geschäftsleben tot“, hieß es und: „Die KASIG verspricht Entschädigungen, doch die Geschäftsleute sind verärgert“. Für mögliche Ansprüche auf Entschädigungen gibt es inzwischen ein offizielles Entschädigungsmanagement. Möglicherweise ist es also für Einzelhändler einfacher geworden, sich Nachteile finanziell ausgleichen zu lassen. Für manchen Mieter, der sich durch Dreck und Lärm der Baustellen gestört fühlt, scheint das jedoch (noch?) nicht der Fall zu sein. Sie fordern Mietminderungen und manch einer klagt, dass sich die Kommunikation mit der KASIG zäh gestaltet.
Kombilösung – es dauert länger, es wird teurer!
Die Frage lautet möglicherweise grundsätzlich: Wie viel Lärm und Dreck durch eine Großbaustelle sind aushaltbar und wann wird die Grenze dessen überschritten, was ein Mieter ohne Entschädigung erdulden muss? In die Suche nach Antworten müssen in Karlsruhe wohl auch die zeitlichen Verzögerungen einbezogen werden, die das Großprojekt in die Länge ziehen. Es gab und gibt Probleme beim Projekt. Eins davon sind mögliche Zahlungsschwierigkeiten der Alpine Bau, die im Oktober 2012 diskutiert wurden und bereits zu Folgediskussionen geführt hatten, wie man nach einer Insolvenz des Unternehmens weitermachen könnte. Alpine Bau setzt das Projekt „Kombilösung“ bautechnisch um.
Fakt scheint derzeit zu sein, dass der ursprüngliche Zeitplan bei der Kombilösung bereits gesprengt ist. So berichtete die Stadt im Dezember, dass „die Baufelder an den Haltestellen Europaplatz, Kronenplatz und Lammstraße dem Zeitplan zwischen 15 und 18 Monaten hinterher hinken“, heißt es in KA-News.de. Zugleich berichtete die Stadt, dass nun mit Gesamtkosten von über 645 Millionen Euro zu rechnen sei. Das dürfte Wasser auf die Mühlen derjenigen sein, die sich generell gegen das Projekt aussprechen und sich unter anderem auf Stoppt-das-Millionengrab.de versammeln. Probleme gibt es also einige beim Karlsruher Großprojekt? Ja, Probleme gibt es einige. Aber am Ende wird alles gut? Ja, ganz schlecht stehen die Chancen wohl nicht. Besser als beim Flughafen Berlin-Brandenburg? Vielleicht! Enthalten wir uns hier einfach einer Einschätzung und wünschen Karlsruhe eine schöne neue Innenstadt und Berlin sowie Brandenburg irgendwann einen schönen neuen Flughafen.