Einheitliches Grau prägte noch vor etwa einem Jahr viele Häuser des Quartiers Zittauer Tor im sächsischen Zittau. Mittlerweile haben der Berliner Künstler Sergej Dott und die ebenfalls in Berlin ansässige Gesellschaft für Entwicklung von Immobilien-Projekten spark::ling AG die Fassaden hier bunt gefärbt und mit vielen Plastiken verziert. „Künstlerviertel Zittau“ nennt sich das Projekt. Und es scheint so, als habe die Kunst am Bau nicht nur einen ästhetischen Wert, sondern auch einen höchst wirtschaftlichen Nutzen. Nach Angaben von Sergej Dott sind die Wohnungen im Viertel mittlerweile zu 85 Prozent vermietet, während es vor einigen Jahren nur vierzig Prozent waren. Wer wohnt schon gerne im Grau?
Künstlerviertel Zittau – ein bisschen skurril ist es schon
Eins der Häuser im neuen Viertel wird von einem Zentaur bewacht. An anderer Stelle schmücken stilisierte Ranken ein gelbes Haus. An der Fassade befestigt steht ein Engel, der von einer hinter ihm installierten Lampe angestrahlt wird. Und eine menschlicher DNA nachempfundene Doppelhelix spannt sich über eine Straße, in der die Skulptur eines Tieres alle Naturgesetze scheinbar ignoriert und eine Fassade abwärts trabt. Das im September eingeweihte neu gestaltete Quartier Zittauer Tor wirkt schon ein wenig skurril, glänzt und provoziert durch „Popart am Bau“, die bisweilen märchenhaft erscheint.
Mandauer Glanz in guter Lage
Eingebettet ist das Quartier in das Gesamtprojekt „Mandauer Glanz“, das neben dem Zittauer Tor weitere Areale für die künstlerische Umgestaltung definiert hat. Zum Gesamtprojekt „Mandauer Glanz“ gehören unter anderem ein geplantes Garten-Atelier mit künstlerisch gestalteten Außenanlagen, ein von Künstlern gebauter Spielplatz und öffentliche Ateliers. Die Lage des gesamten zur Umgestaltung vorgesehenen Viertels war schon immer nicht unattraktiv: Das Entwicklungsgebiet befindet sich im Südwesten der historischen Altstadt Zittaus. Auch die Hochschule Zittau-Görlitz und das Hochschulinstitut Zittau (IHI) sind nicht allzu weit entfernt, was potenziellen studentischen Bewohnern gut gefallen dürfte. Das Grau der Häuser hielt lange Zeit dennoch viele potenzielle Bewohner davon ab, sich hier eine Wohnung zu mieten. Nun ist das Grau zumindest am Zittauer Tor verschwunden. Potenzielle Mieter honorieren das.
Ein Anziehungspunkt über Zittaus Grenzen hinaus
Nicht jeder ist begeistert vom bunten Viertel. Zu Beginn des Projekts wehrte sich gar eine Bürgerinitiative gegen die künstlerische Umgestaltung. Inzwischen scheint das Popart-Viertel aber mehr und mehr Freunde zu gewinnen, wie diverse Medien berichten. Die steigende Anzahl der Vermietungen spricht jedenfalls dafür, dass Zittau mit dem Projekt eine mutige, aber richtige Entscheidung getroffen hat. Bestenfalls ist die Stadt um eine Attraktion reicher, die sich auch auf das Image Zittaus positiv auswirkt, den einen oder anderen staunenden Besucher anzieht und vielleicht auch manchen Bürger vom Wegzug abhält. Für Zittau wäre das sicherlich gut: Die Stadt hatte 2006 knapp 25.000 Einwohner und damit fast 10.000 weniger als noch 1990.