Die von der GroKo geplante Mietpreisbremse, die am Anfang des kommenden Jahres in Kraft treten soll, wird sich an den vorhandenen Mietspiegeln orientieren. Zumindest dort, wo diese vorhanden sind. Denn bei weitem nicht jede Kommune leistet sich einen aussagekräftigen Mietspiegel. In den kleineren Städten erstellen häufig die Eigentümerverbände anhand von groben Eckdaten einen Mietspiegel, der kaum als Basis für eine funktionierende Mietpreisbremse taugen könnte. Einen qualifizierten Mietspiegel gibt es lediglich in etwa hundert Städten.
Berliner wohnen lieber schlecht und teuer
Zumindest lässt das der amtliche Mietspiegel vermuten. Bei diesem mit viel Aufwand erstellten Datenwerk handelt es sich um einen sogenannten qualifizierten Mietspiegel. Der muss nach bestimmten wissenschaftlichen Grundsätzen erarbeitet werden und kann eine Stadt mehrere Hunderttausend Euro kosten. Das größte in diesem Bereich tätige Institut ist die Hamburger Gesellschaft F+B, die auch den Berliner Mietspiegel erstellt hat. Allerdings stammen die dafür erhobenen Daten bereits aus dem Jahr 2012. Die Tatsache, dass in Berlin für schlechtere Wohnungen tendenziell mehr bezahlt wird, kann damit aber nicht erklärt werden. Dieses Kuriosum führt der F+B Geschäftsführer Michael Clar eher darauf zurück, dass in Berlin Wohnungen in einfachen Lagen stärker nachgefragt würden. So kommt es denn auch, dass ein kleiner Altbau in solchen einfachen Lagen durchschnittlich 6,35 Euro pro Quadratmeter kostet, während die ortsübliche Kaltmiete für eine vergleichbare Wohnung in guter Lage nur 6,19 Euro beträgt. Bei großen Wohnungen sieht das Verhältnis ähnlich aus. Die dafür von Clar gelieferte Erklärung überzeugt aber bei weitem nicht jeden Experten. Michael Voigtländer ist Immobilienökonom beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln und legt die Zahlen ganz anders aus. Für ihn beweisen diese Diskrepanzen, dass Mietspiegel nicht das sind, was sie sein sollten, nämlich korrekte Abbildungen der Wohnungsmärkte. Für den Wissenschaftler entbehrt es jeglicher Logik, dass Mieter für einfache Lagen freiwillig mehr bezahlen als für höherwertige Quartiere.
Die Aussagekraft der Mietspiegel
Michael Clar hingegen ist vollkommen überzeugt von der Aussagekraft seiner Mietspiegel. F+B nimmt für die Erstellung qualifizierter Mietspiegel repräsentative empirische Datenerhebungen vor. In Berlin habe man dafür 12.000 Befragungen in der gesamten Stadt durchgeführt, je zu 50 Prozent bei Mietern und Vermietern. Das Ergebnis dieser Interviews bildet 85 bis 90 Prozent des Marktes ab, wie Clar sagt. Lediglich Sonderfälle würden von den qualifizierten Mietspiegeln nicht abgebildet, aber das sei auch gar nicht gewollt. Denn für noch präzisere Datenerhebungen fehle den Kommunen das Geld. Die Erstellung der Mietspiegel werde meist in Bieterverfahren ausgeschrieben, bei denen der Anbieter mit dem günstigsten Preis den Zuschlag bekomme. F+B wird nach Aussage ihres Geschäftsführers Clar den Berliner Mietspiegel im Jahr 2015 nicht mehr erstellen, weil ein billigeres Angebot vorgelegen habe. Unabhängig davon findet Michael Voigtländer die Mietspiegel ganz allgemein sehr grob und ungenau. Und mit dieser Meinung steht er nicht allein da. Auch Andreas Schulten, der Berliner Vorstandschef der Immobilienforschungsgesellschaft BulwienGesa meint, dass die Mietspiegel die Realitäten des Marktes nicht abbilden. Er kann daraus weder verlässliche Aussagen über die tatsächliche Höhe der Mieten, noch über deren Entwicklung in der Vergangenheit, ablesen. Gerold Happ, Jurist beim Eigentümerverband Haus & Grund, kritisiert die Einteilung der Lagen bei der Erstellung der Mietspiegel. In Berlin gibt es dafür lediglich drei Kriterien, in Hamburg gar nur zwei. Auch die Alterseinteilung der Mietobjekte hält Happ für zweifelhaft. Er findet es seltsam, dass ein solider Bau aus den 20er Jahren in dieselbe Altersgruppe falle wie beispielsweise Miethäuser, die direkt nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Schnelle aus Trümmersteinen hochgezogen wurden.
Der Mietspiegel und die Mietpreisbremse
Obwohl der Mietspiegel als solches ein schon jetzt äußerst umstrittenes Marktinstrument darstellt, will die Bundesregierung ihn zur Grundlage der Mietpreisbremse machen. Die Qualifizierung der Mietspiegel selbst soll zunächst nicht angetastet werden. Sie werden also wohl, so wie sie jetzt sind, zur alles entscheidenden Messlatte für die Mietpreisbremse werden. Die Landesregierungen dürften dann ab 2015 festsetzen, in welchen Städten die Bremse gelten soll. Nach übereinstimmender Einschätzung von SPD und Mieterbund werde dort die Kappungsgrenze einen bodenlosen Anstieg der Mieten stoppen, während die Immobilienwirtschaft eine gegenteilige Entwicklung voraussieht.
Im Grunde ist das Abstellen auf den (ggf. gar nicht vorhandenen) Mietspiegel doch wieder ein Baustein, diese Mietpreisbremse auf noch wackeligere Füße zu stellen. Ich bin sehr auf die ersten Klagen gespannt, ob das alles so wirklich verfassungskonform ist…