Die Wärmedämmung einer Immobilie senkt die Heizkosten und steigert den Immobilienwert. Dieser Satz galt lange Zeit als uneingeschränkt richtig. In letzter Zeit mehren sich aber die Stimmen, die auf die bisweilen problematischen Aspekte der Wärmedämmung verweisen. So wird etwa derzeit über das Brandverhalten des Dämmstoffs „Polystyrol-Schaumstoff“ gestritten, der in Deutschland auch als Styropor bekannt ist. Mögliche Gifte, die Wärmedämmung vor Algen und Schimmel schützen sollen, sind auch ein Thema. Da kann man fast schon ein bisschen Angst vor Dämmung bekommen. Andererseits schützt Wärmedämmung bisweilen sogar Eisblöcke, was wieder sehr positiv klingt.
Die Dämmung, die den Eisblock schützt
Wärmedämmung ist eine gute Sache und funktioniert. Um das zu beweisen, hat man in Fulda einmal nicht Wärme vor Kälte von außen, sondern Kälte vor äußerer Wärme geschützt. Der Arbeitskreis „Energiesparen“ der Stadt hatte im Rahmen der 19. Fuldaer Energiesparwochen Anfang November drei 90 x 90 x 90 Zentimeter große Eiswürfel auf dem Univorplatz ausgestellt. Die Würfel besaßen ein Gesamtvolumen von 729 Litern. Einer dieser Würfel war in der Folgezeit schutzlos der Witterung ausgeliefert. Die beiden anderen wurden einerseits durch eine Dreifachverglasung an der Frontseite und andererseits durch eine Dämmstoffschicht an den übrigen Seiten geschützt. Als Dämmstoff wurde bei einem der Eiswürfel Polystyrol-Hartschaum und beim zweiten Riesen-Eiswürfel Zellulose genutzt. Der ungeschützte Würfel war nach zehn Tagen verschwunden. Die anderen beiden Eiswürfel hatten zum Abschluss der Aktion am 20. November 184 (Zellulose-Dämmung) beziehungsweise 200 Liter Schmelzwasser verloren. Eine Menge Eis war weg. Eine größere Menge war aber auch noch vorhanden, was die Schutzfunktion der Wärmedämmung eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Das trifft auf offene Ohren. Dass Wärmedämmung erwünscht ist und sehr positive Effekte auf den Energieverbrauch besitzt, ist in der Politik weitgehend Konsens. Allerdings gibt es auch skeptischere Stimmen, die vor möglichen Problemen warnen.
Brandverhalten, das (vielleicht) das Fürchten lehrt
Es gibt durchaus Beispiele, die einem in Bezug auf Wärmedämmung das Fürchten lehren können. Zwei davon stammen vom Norddeutschen Rundfunk (NDR), der mit den beiden Sendungen „Wahnsinn Wärmedämmung“ aus dem November 2011 und „Wärmedämmung – Der Wahnsinn geht weiter“ aus dem November 2012 vor Polystyrol (Styropor) als Dämmstoff gewarnt hat. Gewarnt wurde vor allem vor dem Brandverhalten des Dämmstoffs, das 2011 mit einem Versuch in der Materialprüfanstalt Braunschweig getestet wurde. Statt erst nach der vorgeschriebenen Zeit, die ein Stoff der Brandschutzklasse B1 (schwer entflammbar) einem Feuer standhalten müsste, brannte das untersuchte Wärmedämmverbundsystem mit Polystyrol bereits nach etwa acht Minuten lichterloh. Als Ursache für die schnelle Ausbreitung der Flammen im Dämmstoff komme „eine Abweichung im Prüfaufbau“ in Frage, schreibt der NDR. Für den Versuch sei bewusst auf den Einbau eines sogenannten Brandschutzsstreifens aus nicht brennbarer Mineralwolle über dem simulierten Fenstersturz verzichtet worden, heißt es weiter und: „Der Verzicht spiegelt die Praxis wieder.“ Das würde dann bedeuten: Die gewählten Versuchsbedingungen sind auch Bedingungen, die bei vielen realisierten Wärmedämmungen in Deutschland herrschen.
Und nun streiten sie!
Seither wird gestritten, ob Polystyrol nun ein gutes Dämmmaterial ist oder nicht. Frankfurts Baudirektor Reinhard Ries hatte das weitere Verbauen von Styropor nach dem Brand eines mit dem Dämmstoff verkleideten Hauses Ende Mai 2012 als sehr fraglich bezeichnet und gefordert, dass der Dämmstoff zumindest „sofort überprüft werden muss“. „Dämmplatten aus Polystyrol seien geprüft und sicher“, wird dagegen unter anderem das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) im Magazin Spiegel zitiert. Den Versuch des NDR mit Styropordämmung aus dem Jahr 2011 hielt das DIBt für nicht normgerecht, weshalb er keine Aussagekraft habe, heißt es weiter. Einer der (vorerst) letzten Akte in der Sache: Die Bauministerkonferenz erklärte am 21. September, Wärmedämmverbundsysteme mit Polystyroldämmstoffen seien „ordnungsgemäß zertifiziert und bei der zulassungsentsprechenden Ausführung sicher“.
Die mögliche Giftgefahr
Auch die mögliche Gefahr durch Wirkstoffe in einer Wärmedämmung, die das Wachstum von Algen und Schimmel an Fassaden hemmen sollen, wurde vom NDR in einem TV-Bericht aus dem Jahr 2012 thematisiert. Der „Häuser-Dämmung: Gift in der Fassade“ betitelte TV-Bericht berichtete über Analysen des Bauphysikers Helmuth Venzmer. Er und sein Team haben überall im Norden Deutschlands etwa „1.500 Gebäude analysiert und konnten feststellen, dass auf 75 Prozent dieser Gebäude Algen sichtbar waren“, heißt es auf den Seiten des NDR. Gegenmaßnahmen gegen einen möglichen Algenbefall auf der Dämmung seien Gifte, die in Farben und/oder Putze gemischt werden und laut NDR beispielsweise in der Landwirtschaft seit Jahren verboten seien. Das klingt weniger gut. Aber auch hier wird es Meinungen geben, die die Sache als weniger problematisch beurteilen.
Und was jetzt?
Als derjenige, der sich etwa über die nachträgliche Wärmedämmung eines Altbaus nachdenkt, steht man bei solchen Beispielen etwas ratlos da. Sind Dämm-Maßnahmen bei Altbauten nun gut oder vielleicht doch nicht oder zumindest nicht immer, wenn man sich die Negativbeispiele anschaut? Es kommt wohl unter anderem auf das „wie“ an, darauf, wie die Wärmedämmung ausgeführt wird und ob nach aktuellen Standards gearbeitet wird. Nimmt man noch mögliche Gefahren wie Wärmebrücken und Schimmelbildung bei nicht fachgemäß ausgeführter Dämmung hinzu, wird auf jeden Fall eins sehr deutlich: Wie und womit gedämmt wird, sollten Immobilien-Besitzer gemeinsam mit Fachleuten entscheiden. Dämmen ist Expertenarbeit. Ohne Zweifel! Mehr kann an dieser Stelle wohl nicht gesagt werden. Leider.
Wohl dem, der ein denkmalgeschütztes Haus hat – da braucht man sich um Zwangsmaßnahmen zur Dämmung weniger Gedanken machen 🙂 Ich habe mal gelernt „ein Haus muss atmen“ und das beherzige ich bis heute.