Das Ruhrgebiet feiert sich gerade als Kulturhauptstadt Europas, während es weiter an seiner Zukunft baut. Allerdings glaubt nicht jeder, dass es wirklich eine gemeinsame Zukunft der Ruhrgebietsstädte geben wird. Skeptisch ist etwa Duisburgs Planungsdezernent Jürgen Dressler. Seiner Meinung nach identifiziert man sich im Ruhrgebiet nicht wirklich mit der Region. Das würde bedeuten: Duisburger sind Duisburger, Essener sind Essener und Bochumer die Einwohner Bochums. Im Ruhrgebiet wohnt niemand. Und das wiederum bedeutet, wenn es stimmt und nicht geändert wird: Die Konkurrenz der Städte bleibt und die Kommunen des nördlichen Ruhrgebiets befinden sich auf lange Sicht — so Dressler — auf dem Weg zurück zum Kleinstadtniveau.
Zukunftsinitiativen fürs Ruhrgebiet
„Hightech statt Hochöfen, Zechen als neue Orte für Kulturevents, Partymeile statt Malocherkneipe“. Das propagiert die Website Metropoleruhr.de des Regionalverbands Ruhr für das größte deutsche Ballungsgebiet mit seinen insgesamt 53 Städten. Und die Seite nennt aktuelle Zahlen: So sei das Bruttoinlandsprodukt seit der Jahrtausendwende im Ruhrgebiet um sechzehn Prozent angestiegen. Das entspräche dann dem Durchschnitt in der Bundesrepublik. Aktuell leben laut Metropoleruhr.de 5,25 Millionen Menschen im Ruhrgebiet, wobei ein Rückgang bis zum Jahr 2015 auf fünf Millionen erwartet wird. An Initiativen für die Zukunft fehlt es im Ruhrgebiet nicht. Der Regionalverband Ruhr verweist etwa auf neu entstehende Kreativ-Quartiere und das Interdisciplinary Centre for Advanced Materials Simulations (ICAMS) an der Ruhr-Universität Bochum: Hier werden innovative Werkstoffe simuliert und entwickelt. Energieeffizienz ist ebenfalls ein Thema in der Region. Aktuell bleiben noch die Städte Bochum, Bottrop, Essen, Gelsenkirchen/Herten und Mülheim im Rennen um die InnovationCity Ruhr, das voraussichtlich im Herbst des Jahres entschieden wird. Die Gewinner-Kommune erhält bis zum Jahr 2020 eine Förderung in Höhe von bis zu 2,5 Milliarden Euro. Damit sollen beispielsweise bestehende Wohngebäude in „Energiespar-Wohnquartiere“ umgewandelt und „grüne“ Firmen angesiedelt werden. Nein, mangelnde Initiative kann man dem Ruhrgebiet wohl wirklich nicht vorwerfen.
Das Ruhrgebiet leidet möglicherweise an mangelnder Identifikation
Die Skepsis von Jürgen Dressler zielt daher auch nicht auf mangelndes Engagement ab. Aber Duisburgs Planungsdezernent zweifelt an der Integrationskraft des Ruhrgebiets. Identifizieren würden sich die Einwohner nicht mit der Region, sondern stattdessen mit ihren Städten oder gar Vierteln. Auf solch einer Basis scheint eine Metropolregion Ruhrgebiet letztlich trotz aller Bemühungen zum Scheitern verurteilt zu sein. Jürgen Dressler geht mit seinen Prognosen noch weiter: Langfristige Chancen hätten die Ruhrgebietsstädte Dortmund und Duisburg sowie die beiden angrenzenden Städte Köln und Düsseldorf, während der Norden des Ruhrgebiets an Bedeutung verlieren wird.
Zur Kooperation verdammt?
Alleine dürfte es für viele Ruhrgebietsstädte tatsächlich schwierig werden, ihre Zukunft zu gestalten. Es scheint so zu sein, als seien die meisten von ihnen geradezu zur Kooperation verdammt. Ohne Menschen der Region, die sich irgendwann als Ruhrgebietler fühlen, könnte solch eine Kooperation aber fortwährend gebremst werden. Vielleicht hilft da die Zeit? Wie lange es bisweilen dauert, eine gemeinsame Grundlage für Identifikation zu erzeugen, mag die deutsche Einheit zeigen, bei der das Zusammenwachsen von Ost und West bis heute nicht abgeschlossen ist. Manchmal brauchen Dinge halt einfach Zeit. Das könnte auch fürs Ruhrgebiet gelten. Hoffen wir, dass der Region die Zeit bleibt.