Das Ertragswertverfahren ist im Rahmen der Immobilienbewertung
im Sinne der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) ein Wertermittlungsverfahren, welches sich am Ertrag des Immobilienobjektes orientiert und orientieren muss, wenn es ein sogenanntes Ertragsobjekt oder Renditeobjekt ist. Es gibt hier eine Reihe von Grenzfällen, bei denen die Wiederbeschaffungskosten (Fortführungswert / going concern) für Immobilientransakteure wichtiger sein können als eine gedachte Immobilienrendite. Hier sind meist Industrieproduktionsimmobilien betroffen. Diese Objekte werden für die Produktion eines Unternehmens benötigt, unabhängig von den Renditeaussichten, sodass Cashflow-Betrachtungen, auch mit Blick auf den Ausschluss persönlicher Verhältnisse, in diesem Marktsegment eine untergeordnete Rolle spielen. Hier sind Immobiliengutachter besonders gehalten, die Drittverwendungsfähigkeit und die grundsätzliche Nutzbarkeit zu untersuchen sowie nicht zuletzt auch das Wertermittlungsverfahren auf den Prüfstand zu stellen.
Für das Ertragswertverfahren werden sogenannte marktkonforme und nachhaltige Mieten oder Pachten abgeleitet,
die mit Hilfe eines Kapitalisierungsfaktors multipliziert werden. Es handelt sich um ein diskontierendes Cashflow-Verfahren, welches das Risiko, das eingesetzte Kapital zu verlieren, in einem Zinssatz ausdrückt. Meist wird hier der sogenannte Liegenschaftszins ermittelt, der entweder von regional zuständigen Gutachterausschüssen oder anderen empirischen Studien abgeleitet wird. Dieser Zins ist die wichtigste Stellschraube in dem Verfahren und gleichzeitig der Schwachpunkt. Schwachpunkt ist der Liegenschaftszins aufgrund seiner intransparenten Herkunft. Häufig wird er mit sachverständigem Ermessen aus einer Spanne zwischen mehrere Prozentpunkten „herausgefiltert“ und mit allgemein in der Literatur beschriebenen Zinssätzen plausibilisiert. Die Ableitung des Liegenschaftszinssatzes kann auch innerhalb einer Spanne mit einem Zu- und Abschlagssystem gut gelöst werden.
Verwendung findet dieses Wertermittlungsverfahren in der Regel
bei allen Immobilien, die zu Ertragserzielungszwecken bestehen. Das sind in der Regel Wohn- und Geschäftshäuser, Mehrfamilienwohnhäuser, Produktions- und Logistikimmobilien, Betreiberimmobilien, wie Hotels, Seniorenheime, Krankenhäuser usw. Für Betreiberimmobilien werden meist vor das Ertragswertverfahren Pachtwertverfahren vorgeschaltet, die aus bspw. einer Umsatzpacht einen möglichen Eigentümerertrag herausarbeiten sollen. Dies ist deshalb recht kompliziert, da branchenübliche Kennzahlen (bspw.) ermittelt und verglichen werden müssen. Gleichzeitig sind gewisse Branchenkenntnisse insbesondere in Bezug auf die unterschiedlichsten Vertragsgestaltungsmöglichkeiten von Pachtverträgen wichtig um die Umsatzrelevanz zu verstehen und letztlich für den Immobilienertrag herausarbeiten zu können.